Autistische Störungen sind keine Seltenheit mehr, sondern immer öfter wird die Erkrankung diagnostiziert. Jedoch nicht schon im Kindesalter, sondern meist erst als Erwachsener. Hauptgrund ist, dass die Störung sich meist niemals so extrem zeigt, dass Eltern direkt darauf kommen könnten, dass ihre Kinder an Autismus leiden. Sie verhalten sich einfach etwas „komisch“ und das ist auch in Ordnung für Eltern. Erst, wenn die Personen älter werden und merken, dass irgendwas mit ihnen nicht stimmt, kann nach einer ärztlichen Untersuchung festgestellt werden, was wirklich los ist.

Wie kann Autismus „undiagnostiziert“ bleiben?

Heute wird von der sogenannten Autismus-Spektrum-Störung gesprochen, denn jene deckt alle verschiedenen Autismus-Ausprägungen ab. Also nicht nur die extremen Fälle, sondern auch leichte Anzeichen auf die Krankheit. Nach Schätzungen leiden etwa ein Prozent der Schweizer unter autistischen Störungen. Bei einer Einwohnerzahl von 410.000 Zürichern wären das rund 4.000 Betroffene. Die große Frage ist aber nun, wo sind all diese Autisten? Sie leben ganz normal unter uns und äußern sich nur durch Kleinigkeiten, die oftmals gar nicht den Autismus-Spektrum-Störungen zugeordnet werden. Zugleich haben sich solche Personen mit ihrem „Anderssein“ arrangiert, wie Florian Scherren, St. Galler Sozialpädagoge, erklärt. „Autistische Menschen wirken oftmals recht unauffällig, jedoch kostet es sie sehr viel Kraft, sich im Alltag zurechtzufinden und gleichzeitig der Masse anzupassen. Oftmals suchen solche Personen für Jahre nach einer Erklärung für ihre „Schwierigkeiten“. Erst dann stoßen jene auf das Thema Autismus“ sagt Scherrer weiter. Als Kind werden diese „Symptome“ gar nicht als solche wahrgenommen. Kinder denken einfach, sie sind anders und machen sich keinerlei Gedanken darüber, ob vielleicht mehr dahintersteckt. Tun dies auch Eltern nicht, bleibt der Autismus erst einmal unentdeckt.

Eine Diagnose kann helfen

Warum bin ich so, wie ich bin? Warum komme ich mit anderen Menschen nicht gut klar, kann Emotionen nur schwer zeigen und einordnen oder auch ungewohnte Situationen bringen mich an meine Grenzen? Es können Ihnen Tausende von Fragen durch den Kopf schießen und jahrelang erhalten Sie dafür keine Antwort. Erst, wenn Sie die Diagnose bekommen, kann es wie eine Art Erlösung sein. Zwar haben Betroffene weiterhin mit den Schwierigkeiten zu kämpfen, doch sie wissen endlich, wieso. Leider ist die Diagnose im Alter nicht so einfach. Erwachsene müssen mit mehreren Monaten Wartezeit rechnen, denn die Erwachsenenpsychiatrie muss sich erst noch auf die veränderte Autismus-Realität einstellen.